Über Führungswechsel und Luxusuhren in Krisenzeiten – Senior-Chef Hanspeter Jucker und Nachfolger Julien Rossier im Doppel-Interview.
Die Bucherer-Chefs Julien Rossier und Hanspeter Jucker (re.)
Im schönen Palais Equitable befindet sich einer der nobelsten Juweliere der Stadt: der Bucherer-Flagshipstore am Stock-im-Eisen-Platz in Wien (früher Haban). 50 Mitarbeiter sind hier beschäftigt, das Geschäft ist für das große Sortiment hochwertiger Marken bekannt.
Nun gibt es, nach 30 Jahren, einen Generationenwechsel in der Geschäftsführung. Hanspeter Jucker zieht sich zurück, Julien Rossier (erst Anfang 30) übernimmt. Er kommt aus dem Uhren- und Luxusbereich, sammelte Erfahrung bei Baume & Mercier und zuletzt bei Moët Hennessy.
Die Bucherer-Chefs Julien Rossier und Hanspeter Jucker (re.)
KURIER: Herr Rossier, Sie sind seit September 2019, Herr Jucker, Sie sind seit Jänner 1991 hier beschäftigt. Wie läuft es zusammen?
Julien Rossier: Ich denke, wir ergänzen uns ganz gut. Ich kann viel profitieren von Hanspeters Erfahrung. Das ist die schönste Form der Übergabe, die man haben kann.
Hanspeter Jucker: Er kann das neue Marketing, ich bin ein Klassiker. Ich habe gewusst, es ist Zeit, dass ich langsam ein bisschen abgehe. Weil es braucht neuen Wind hier. Wir haben viel Spaß miteinander, es ist genau so, wie ich es mir gewünscht habe. Eine Übergabe wie sie zu Bucherer als Familienunternehmen passt.
Wie fügt sich Luxus in Krisenzeiten ein? Darf das überhaupt sein?
Rossier: Ich denke, dass viele Kunden Uhren und Schmuck als Investment sehen. Sie wollen etwas kaufen und schauen, wo sie das Geld hingeben wollen. Da gibt es mehrere Möglichkeiten – und Schmuck und Uhren ist eine davon.
Jucker: Das ist in der Krise noch stärker geworden. Die Leute haben nicht so viel Vertrauen ins Bankensystem, es gibt keine Zinsen. Die Leute, die Geld haben, streuen es breit. Die Produkte, die den Touch eines Investments haben – schöne Steine, Rolex, Patek Philippe gehen besonders gut.
Rossier: Das Schöne mit Uhren und Schmuck ist, dass man das Investment tragen kann. Das sind keine abstrakten Aktien, sondern etwas, an dem man sich erfreuen kann.
Heißt, das vergangene Jahr war kein besonders schlechtes?
Jucker: Nun, wir haben keine Touristen gehabt, und damit wesentlich weniger Umsatz. Die Touristen machen 40 Prozent des Umsatzes aus.
Rossier: Aber wir sind auch sehr stark bei den lokalen Käufern. Und damit meine ich Österreich und die angrenzenden, östlichen Länder.
Wieso kommen die hierher?
Rossier: Für Luxus-Shopping. Wien bietet ein schönes Paket: die Innenstadt, die Boutiquen, der Demel, der Dom – das gehört alles dazu und alle profitieren voneinander.
Sie haben 30 Jahre Erfahrung mit Krisen. Was ist jetzt anders?
Jucker: Es ist eine weltweite Riesenkrise, sowas war nicht vorstellbar. Dass man jetzt maskiert zum Juwelier geht, … früher haben wir geschaut, dass wir keine Maskierten im Geschäft haben. Immer wieder schließen, drei Lockdowns – so gesehen, war es schon ein Scheißjahr.
Rossier: Im Lockdown zu schließen, ist hart. Click&Collect funktioniert für uns nicht, weil wir keine Rolex im Sackerl auf die Straße reichen. Das passt nicht.
Merken Sie nach einem Lockdown einen Nachzieheffekt? Kaufen die Leute mehr?
Jucker: Ja, das spüren wir schon.
Rossier: Was schön zu sehen ist: vor Corona hat man gesagt, Online ist die absolute Zukunft. Jetzt sind wir gezwungen, Online zu kaufen. Ich frage Sie: worauf haben Sie sich im Lockdown gefreut? Aufs Nachdraußengehen. Geschäfte besuchen, in eine Bar gehen.
Wie hat sich die Kundschaft in den Jahrzehnten verändert, Herr Jucker?
Jucker: Die Nationen haben sich verändert: Anfang der 90er die Russen, die waren im Kaufrausch. Dann waren es ein Zeit lang viele Italiener, als alles noch steuerfrei zu kaufen war. Mit dem EU-Beitritt fielen die Europäer als Kunden weg, in den 2010ern kamen die Asiaten.
Sind die Kunden jünger geworden?
Rossier: Sicher. Ich habe letztens einen 10-Jährigen beraten, der ein totaler Uhrenauskenner war.
Und Frauen: kaufen sie klassisch Schmuck oder auch Uhren?
Rossier: Ich würde sagen, dass Frauen den Uhren immer schon zugetan waren. Jetzt fällt mir aber auf, dass sich immer mehr Frauen große Männeruhren kaufen.
Was ist aktuell die billigste und teuerste Uhr im Geschäft?
Rossier: 800 Euro – und kein Limit. Aktuell die teuerste kostet 472.000 Euro, eine Patek Philippe.
Jucker: Vergangenes Jahr haben wir eine um 1,2 Millionen verkauft, auch eine Patek. Da muss man zwei, drei Jahre vorher einen Antrag stellen, um diese Uhr zu bekommen.